Kryptopyrrolurie (KPU), früher gerne auch als Malvaria oder Mauve Krankheit bezeichnet, ist in der Humanmedizin bereits seit 1969 bekannt, wird aber vor allem von vielen Schulmedizinern bis heute nicht ernst genommen. Ihren Ursprung findet sie in der Erforschung bestimmter psychiatrischer Symptomkomplexe. Besonders im Zusammenhang mit schizophrenen Patienten war die Verbindung mit einer KPU auffällig und so stehen auch heute noch psychische Störungen im direkten Zusammenhang mit der Kryptopyrrolurie. Aber auch körperliche Beschwerden können auf die Erkrankung zurückgeführt oder aber durch sie verstärkt werden. Bei der KPU handelt es sich allgemein um eine Stoffwechselstörung, die angeboren (erbliche Komponenten werden vermutet) oder erworben sein kann und sich im Wesentlichen in einem übermäßigen Vitalstoffverlust über den Urin und daraus resultierenden Mangelerscheinungen äußert.
Doch was genau steckt hinter dem Begriff?
„Krypto“ kann mit „versteckt/unsichtbar“ übersetzt werden. Bei sogenannten Pyrrolen handelt es sich um Stoffwechselabbauprodukte des körpereigenen Häms. Das Häm fungiert sowohl als wichtiger Baustoff des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin als auch als Koenzym und Hilfsstoff für viele Entgiftungsenzyme der Leber. „Urie“ beschreibt die Ausscheidung einer Substanz über den Urin. Zusammengefasst werden hier Pyrrole mit dem Urin ausgeschieden. Jedes Lebewesen scheidet diese Pyrrole aus. Im gesunden Organismus allerdings vorwiegend über den Stuhl. Bei KPU-Betroffenen kommt es jedoch zu deutlich erhöhten Ausscheidungswerten. Grund hierfür sind vermutlich Enzymdefekte im Bereich der Hämsynthese. Hinzu kommt, dass die Pyrrole den Organismus nicht allein verlassen, sondern lebensnotwendige Vitalstoffe an sich binden. In diesem Umstand liegt der Kern der Problematik.
Besonders in Stresssituationen scheiden KPU-Patienten besonders viele Pyrrole aus und verlieren daher sehr wichtigen Stoffe, dass möglcihe gesundheitliche Konsequenzen umso gravierender sein können. Hauptsächlich binden Pyrrole das Vitamin B6 (aktiviertes Vit. B6 „P5P“ geht verloren), Zink und Mangan. In weiterer Folge kommt es zu Symptomen, die auf einem massiven Vitalstoffmangel gründen. Auch eine Einlagerung der Pyrrole in Muskelgewebe ist möglich. In dieser Situation kann es dann zu unspezifischen Glieder- und Gelenkschmerzen kommen, die dem Symptomkomplex der Fibromyalgie ähneln.
Wie bereits erwähnt fallen auch im gesunden Organismus Pyrrole als Abbauprodukte des Proteinstoffwechsels an. In geringer Menge sind sie für einige metabolische Prozesse sogar notwendig. In größeren Mengen jedoch sind sie hochgiftig (vor allem toxisch für das Gehirn) und werden so fortlaufend nach Gebrauch über die Galle und den Darm ausgeschieden. Das passiert, indem jeweils vier Pyrrole zu einem ungiftigen Komplex gebunden und in dieser Form ausgeleitet werden. Liegt nun eine KPU vor, ist eine Ausscheidung ausschließlich über die Galle aufgrund der großen Menge nicht mehr möglich. Infolgedessen müssen die Nieren einen Großteil der Pyrrole aufnehmen und ausleiten. Auf diesem Weg kommt es anstatt der normalen Komplexbildung zur Bindung an bereits genannte Mikronährstoffe, wodurch wiederum ein Unschädlichmachen der Pyrrole erreicht wird. Aufgrund dieser Prozesse kommt der Körper nun schnell in einen akuten Nährstoffmangel. Sieht man sich nun einmal etwas genauer die Funktionen der erwähnten Stoffe an, wird schnell deutlich, wie höchst relevante physiologischen Abläufe eingeschränkt oder gehemmt werden und die typischen Symptomatik entstehen. Vitamin B6 ist essenziell für die Funktionalität von über 200 Enzymen (Enzyme steuern und katalysieren chemische Reaktionen im Körper).
Darüber hinaus spielt das Vitamin eine wichtige Rolle in der Blutbildung, dem Proteinstoffwechsel, für das funktionelle Immunsystem und auch bei der Serotoninsynthese. Ein deutlicher Mangel an B6 kann folglich zu einer Vielzahl an Symptomen führen, darunter durch Blutbildungsstörungen verursachte Anämien, erhöhte Infektanfälligkeit, allgemeine Muskelschwäche, Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Apathie und Veränderungen des Gemütszustandes (extrem reizbar und sensibel, depressiv). Nahezu identische Symptome können auch bei einem B12 Mangel auftreten, daher sollte an dieser Stelle auch immer dieser Wert mitbestimmt werden.
Auch Zink ist mitverantwortlich für den Ablauf von über 300 Enzymaktivitäten und somit essenziell für einen reibungslos funktionierenden Stoffwechsel verantwortlich und erfüllt im Wesentlichen ähnliche Funktionen wie auch Vitamin B6. Einige der Symptomatiken können sich hier daher überschneiden. Hinzu kommt jedoch, dass Zink im hohen Maße an den Entgiftungstätigkeiten des Körpers und insbesondere der Leber beteiligt ist. Zink ist im gesunden Organismus für das Binden und die Neutralisierung vieler Giftstoffe zuständig. Bei einem Mangel kommt es langfristig unweigerlich zu einer chronischen inneren Vergiftung des Körpers. Die schlechte Entgiftungsfähigkeit betroffener Pferde äußert sich zudem in einer erhöhten Sensibilität gegenüber Medikamenten, bestimmten Futtermitteln oder leichten, normalerweise unproblematischen Verunreinigungen (Pilze, Keime in Heu, Gras oder Wasser). Neben einer gestörten Wundheilung, Haut- und Fellerkrankungen (Mauke, Sommerekzem, Raspe), einer gestörten Hufhornbildung und Verhaltensauffälligkeiten kann es hier in schlimmeren Fällen zu Unfruchtbarkeit und massiven Hormonstörungen kommen.
Mangan ist wie auch Zink extrem wichtig für die Entgiftung des Organismus. Es ist für die Aktivierung des antioxidativ wirkenden Enzyms „ Superoxiddysmutase“ verantwortlich. Arbeitet dieses Enzym bei einem Manganmangel nicht mehr ausreichend, äußert sich das wiederum in einer erhöhten Infekt- und Schadstoffanfälligkeit.
Weitere Symptome können sein: Osteoporose und Zahnprobleme (abnehmende Knochendichte, instabile Knochensubstanz durch Demineralisierung der Knochen und Zähne), Blutgerinnungsstörungen, Störungen in Kohlenhydratstoffwechsel (Zucker), Leber- und Nierenprobleme, Lungenerkrankungen (andauernder Husten), Verdauungsstörungen (Koliken, Durchfall), muskuläre Auffälligkeiten (Verspannungen). Wie bereits angesprochen verstärken sich die Symptome bei erkrankten Pferden meist in Stresssituationen. Dieser kann psychischen oder physischen Ursprungs sein. Infektionen, innere oder äußere Verletzungen, Koliken, Hungerperioden, aber auch „stressiges“ Training, Turniere, schlechte Haltungsbedingungen oder Probleme in der Herde können daher Auslöser für neue „Schübe“ sein.
Gibt es KPU beim Pferd überhaupt?
Laut neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen existiert eine KPU im eigentlichen Sinne beim Pferd nicht, so dass die Zuverlässigkeit eines Urintestes hinsichtlich einer gesicherten Diagnose mit Vorsicht zu genießen ist. Dass im Alltag meist nicht differenziert wird zwischen Mensch und Tier liegt an der extrem ähnlichen Ausprägung der Krankheitsbilder. Sowohl beim Mensch als auch beim Pferd kommt es zu massiven Verlusten von Vitamin B6, Mangan und Zink und teils enormen Defiziten im Entgiftungsstoffwechsel. Es kommt daher zu nahezu identischen Symptomen, so dass es nahe liegt, den beiden Symptomkomplexen einen gemeinsamen Namen zu geben.
Doch worin unterscheiden sich die beiden Krankheitsbilder nun?
Ein großer Unterschied bei Pferd und Mensch liegt in der Verwertung von Cellulose. Während der Zucker (Hauptbaustein der Pflanzenzellwände) vom menschlichen Darm als Ballaststoff wieder ausgeschieden wird, zieht der Pferdedarm den Großteil seiner Energie daraus. Folglich wird der Pferdedarm schon im jungen Alter mit entsprechenden Mikroorganismen besiedelt, die in einer gesunden Darmflora auch für die Produktion essenzieller Aminosäuren sowie verschiedener Vitamine (K-, B-Komplexe) zuständig sind. Kommt es nun zu einem gestörten Darmmilieu reduziert sich automatisch auch die Vitamin B Synthese (Vit. B Mangel). Meist folgt daraus unweigerlich zu einer teilweisen Zerstörung der Epithelschutzschicht an den Darminnenwänden, die dann Toxinen freien Durchgang in den restlichen Organismus gewähren. Folglich kommt es auch hierdurch zu Vergiftungserscheinungen und erhöhten Leber- und Nierenbelastungen.
Es stellt sich also zurecht die Frage nach den tatsächlichen Ursachen für das Krankheitsbild der „KPU“. Meist stecken beim Pferd hinter einer gestörten Darmflora nämlich Fütterungsfehler, so dass eine zielorientierte Fütterungsumstellung zur Darmsanierung mittel- und langfristig bereits zu guten Ergebnissen führen kann. Häufige fütterungsbedingte Ursachen liegen beispielsweise in der Fütterung von zu viel Gras, zu hoher Kraftfuttergabe, ausschließlicher Strohfütterung, extrem stärkehaltigem Futter (schwer verdaulich), keim- und pilzbelastetem Heu und Stroh, verdorbene Silage und allgemeiner übermäßiger Futtergabe.
Ein weiterer möglicher Grund ist die Unfähigkeit des Organismus aktiviertes B6 (P5P) zur Verfügung zu stellen. Viele Pferde sind tagtäglich verschiedensten Umwelttoxinen, Keimen und Mykotoxinen, Konservierungsstoffen, Wasser- und Bodenverunreinigungen (Dünger), Medikamentengaben und psychischem Stress ausgesetzt. Viele der Schadstoffe sind fettlöslich. Die Leber erfüllt dann die Aufgabe diese Stoffe in funktionelle Gruppen umzuwandeln, die dann an wasserlösliche Komplexe gebunden und so über die Niere, Schweiß und Atmung ausgeschieden werden können. Während dieser Vorgänge entstehen hochtoxische Zwischenprodukte, für deren Neutralisation ausreichend Zink, Mangan und Vitamin B6 benötigt wird. Fehlen diese Stoffe kommt es entweder zur Einlagerung der Giftstoffe ins umliegende Gewebe oder einer Koppelung an andere Stoffe (Eisen, Selen, Mangan), die dann wiederum in zu großen Mengen ausgeschieden werden. Fehlt dem Körper die Fähigkeit zur Aktivierung des P5P kann das mithilfe eines Blutbildes näher untersucht werden. Wie sinnvoll es in einem solchen Fall jedoch ist, aktiv P5P hinzuzufüttern sei dahingestellt. Eine weitere mögliche Ursache für akute Symptome kann ein fütterungsbedingter Zinkmangel sein. Wie bereits erwähnt nimmt auch Zink eine wichtige Rolle in der Verstoffwechslung von Toxinen ein. Stimmt hier also die Balance nicht, kann es schnell zu einem vermeintlichen Zinkmangel und daraus resultierenden Symptomen kommen. Aus diesen Überlegungen ergibt sich ganz automatisch die zielführendste Behandlung eines an „KPU“ erkrankten Pferdes.
Eine bedarfsgerechte und individuell angepasste Fütterung ist der Schlüssel zum Erfolg. Ganz besonders sollte auf eine hochwertige und natürliche Mineralstoff- und Vitaminversorgung geachtet werden. Spezielle Probiotika dienen der Neubesiedlung des Darms mit "guten" Darmbakterien. Auch die Zugabe von Vitamin B-Komplexen und Kräutern, die den Wiederaufbau der Epithelschutzschicht unterstützen. Magnesium und Tryptophan zur Stressreduktion können hilfreich sein. Ganz besonders ist die ausreichende Zinkkonzentration in der täglichen Ernährung zu beachten, sowie Spurenelemente wie Mangan, Selen und insbesondere Eisen sollten in ausreichender Menge zugefüttert werden.
Neben der Optimierung der Fütterung spielt auch die Beseitigung anderer „darmstörender“ Faktoren eine wesentliche Rolle. Hierbei sollte auf die Vermeidung von Stress jeglicher Art Wert gelegt werden. Dieser Stress kann in unangemessenem Training, in zu langen oder zu kurzen Fressintervallen, zu wenig Bewegung, Herdenproblemen, Boxenhaltung und unsachgemäßem Umgang mit dem Pferd liegen.
Ob man als Therapeut und Pferdebesitzer nun also eine „KPU“ diagnostiziert oder einen „fütterungsbedingten Vitalstoffmangel“, ist letztlich egal. Wichtig ist, dass die Behandlung stimmt und langfristig zum Erfolg führt!
Comentarios