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Übersäuerung beim Pferd - die Bedeutung des "Säure-Basen-Haushalts"

Volkskrankheit Übersäuerung


Säure-Basen-Haushalt beim Pferd

Sauer macht nicht lustig, sondern krank! Fast jeder hat schon einmal vom Säure-Basen-Haushalt und dessen Bedeutung für die Gesundheit beim Menschen gehört. Auch beim Pferd ist ein ausgeglichener Säure-Basen-Haushalt von grundlegender Bedeutung für die Gesundheit und das allgemeine Wohlbefinden. ​​Doch was genau steckt denn nun eigentlich hinter dem Begriff? Das Grundprinzip kann relativ einfach zusammengefasst werden: Krankheit ist sauer, ​​Gesundheit ist basisch. So weist beispielsweise auch eines der wichtigsten Körpersysteme - das Blut - einen leicht basischen pH-Wert von 7,35 bis 7,45 auf. Saurer Regen, übersäuerte Böden, Fischsterben infolge übersäuerter Gewässer; Begriffe, die durchaus bekannt sind und verdeutlichen, dass auch in der Natur ein Übermaß an Säure schädliche Auswirkungen hat und Leben zerstört. Unter Übersäuerung versteht man eine übermäßige Ansammlung an Säuren bzw. Protonen. Säuren enthalten immer freie, positiv geladene Wasserstoffionen (H+). In einer Base hingegen überwiegen die aus einem Wasserstoff- und einem Sauerstoffatom (OH-) zusammengesetzten negativ geladenen Teilchen. Säuren können ihre positiv geladenen Protonen auf andere Moleküle übertragen. In wässrigem Milieu erfolgt dies über die Bildung des sogenannten Hydronium-Ions (H3O+), welches entsteht, wenn das H+ Kation der Säure an ein Wassermolekül bindet. Die Base wiederum kann das von der Säure abgegebene Proton aufnehmen, so dass sich Säure und Base gegenseitig neutralisieren. Kommt es nun zu einem Säureüberschuss sammeln sich innerhalt der Zelle zu viele freie Protonen an. Diese müssen aus der Zelle ausgeschleust und neutralisiert werden. Mehrere Transportsysteme transportieren die Protonen aus dem Zellinneren. Dieser Vorgang ist absolut notwendig, da die Energieproduktion direkt vom pH-Wert der Zelle abhängt. Eine akute Azidose kann daher die Energieversorgung der Zelle gänzlich lahm legen und sogar den Untergang der Zelle herbeiführen. Das Verhältnis von Säure und Base wird mit dem sogenannten pH-Wert (potentia hydrogeni: „Stärke des Wasserstoffs) angegeben. Die Skala reicht von 0 bis 7 im sauren Bereich und 7 bis 14 im basischen bzw. alkalischen Bereich. Bei einem Wert von 7 befinden sich positiv und negativ gelandene Teilchen bzw. Säuren und Basen im Gleichgewicht. Je nach Körperregion finden sich unterschiedliche pH-Werte. Im Magen beispielsweise wird hauptsächlich Salzsäure produziert, so dass dort ein relativ saures Milieu herrscht (je nach Region zwischen 2,5 bis 5). Der Speichel und Teile des Dünndarms hingegen enthalten viel alkalisches Bicarbonat, hier finden sich basische Werte.


Die körperchemische Regulation ist maßgeblich vom Säure-Basen-Haushalt abhängig. Er regelt Stoffwechsel und Verdauung, Immunsystem, Hormonhaushalt und grundlegende Funktionen wie Atmung und Kreislauf. In der Humanmedizin weiß man, dass die Körperflüssigkeiten zum Zeitpunkt der Geburt größtenteils basisch reagieren und der Organismus somit in seiner Gesamtheit einen basischen pH-Wert hat. Zum Zeitpunkt des Todes ist der Körper sauer. Im mittleren Alter gibt es zwar ganz natürliche, jedoch langsame beginnende Veränderungen in der chemischen Gesamtreaktion des Körpers. Das Problem ist jedoch, dass immer mehr junge Menschen übersäuert sind. Ursachen dafür liegen in einer falschen Ernährung, zu wenig Bewegung, Stress, hohem Medikamenteneinsatz und einem allgemein ungesunden Lebensstil. Auch wenn sich die Ursachen beim Pferd zum Teil unterscheiden, besteht hier die gleiche Problematik, so dass auch Pferdebesitzer sich mit der Thematik auseinandersetzen müssen. Zu den Hauptursachen beim Pferd gehören neben physischem und psychischem Stress vor allem Fütterungsfehler, wie beispielsweise die längerfristige Silagefütterung oder ein zu hoher Anteil an schwer verdaulichen Eiweißen und Kohlenhydraten.


Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass ein gesunder Organismus ein genau definiertes Verhältnis an Säuren und Basen aufweisen muss. Der Anteil der Basen sollte dabei mit 80% einem verhältnismäßig geringen Prozentsatz von 20% Säure gegenüberstehen. Äußere Umweltfaktoren, die Ernährung und körpereigene Prozesse bedingten eine ständige Verschiebung des Säure-Basen-Verhältnisses. Der Organismus unterliegt daher der Aufgabe diese andauernden Schwankungen fortwährend auszugleichen, und die optimale Balance zu erhalten. Der Erhalt dieses Gleichgewichts ist notwendig, um ein reibungsloses Ablaufen der Stoffwechselprozesse und biochemischen Reaktionen zu gewährleisten. Dem Organismus stehen zur Aufrechterhaltung der Homöostase verschiedene Puffersysteme zu Verfügung. Die sogenannte Pufferkapazität beschreibt die Fähigkeit des Körpers Säuren zu neutralisieren, ohne jedoch dabei wichtige Reserven, wie sie sich beispielsweise im Knochengewebe finden, anzugreifen. Übersteigt die Säurebelastung jedoch einen bestimmten Schwellenwert versagen die körpereigenen Regulationsmechanismen. Die Folge sind latente, chronische oder auch akute Übersäuerungen.



Wo entstehen im Körper Säuren und Basen?


Der Körper bildet grundsätzlich mehr Säuren als Basen. Verschiedenste Stoffwechselvorgänge gehen mit der Bildung von Säuren einher. So wird zum Beispiel im Magen aus Kochsalz Salzsäure und Natriumcarbonat gebildet. Das dort vorhandene Bicarbonat schützt die Magenschleimhaut vor den aggressiven Verdauungssäuren. Das im Magen freigesetzte Natriumbicarbonat gelangt in den Blutkreislauf und wird von den sogenannten basophilen Organen, dass heißt Leber, Bauchspeicheldrüse und Teilen des Dünndarms, aufgenommen. In der Energieproduktion und dem Stoffaustausch entsteht immer Kohlensäure. Überschüssige Säuren werden in Form von Kohlensäure über die Lunge und die Atemluft ausgeschieden. Die Niere nimmt einen besonders wichtigen Stellenwert in der Regulation des Säure-Basen-Haushalts ein. Sie kann zum einen Bicarbonat rückfiltern und als basisches Puffermittel in den Kreislauf zurückführen, zum anderen kann sie aktiv überschüssige Säuren abfangen und über den Urin ausschleusen. Auch bei übermäßiger oder falscher Muskelarbeit entsteht Säure, in diesem Fall die Milchsäure. Die Liste ließe sich fortführen, wichtig ist jedoch nur, das Grundprinzip der körpereigenen Säure-Basen-Produktion zu verstehen. Die Puffersysteme des Körpers umfassen den Bicarbonat-Puffer im Blut, die Pufferbase Hämoglobin (Blut), die Abgabe von Kohlendioxid über die Lunge (pulmonale Regulation), die Ausscheidung der H+-Ionen über die Niere (renale Regulation) und den Laktatabbau in der Leber und Skelettmuskulatur. Auch basische Mineralsalze, wie sie beispielsweise in der Gerüstsubstanz des Knochengewebes eingelagert sind, werden zur Neutralisierung überschüssiger Säuren genutzt. All diese Puffersysteme arbeiten jedoch nur bis zu einem gewissen Punkt, bei einer zu hohen Säureanflutung versagen die Regulationssysteme und der Körper übersäuert. Der Organismus kann größere Säuremengen im Bindegewebe (Schlacken) einlagern, so dass zunächst keine Symptome auftreten. Der Nachweis einer chronischen Übersäuerung ist in diesem Stadium sehr schwierig (konstanter Blut pH), zumal die Schulmedizin die latente oder chronische Übersäuerung nicht als eigenständiges Krankheitsbild anerkennt. In der Schulmedizin kennt man nur die akuten Azidosen. Diese lassen sich in die respiratorischen und metabolischen Azidosen unterteilen. Bei der respiratorischen Azidose kann Kohlenstoffdioxid aufgrund einer akuten Hypoventilation nicht abgeatmet werden. Bei der metabolischen Azidose entsteht die akute Dysbalance durch entweder eine erhöhte Säureproduktion oder einen reduzierten Säureabbau oder auch Bicarbonatverlust über den Darm. Akute Azidosen können je nach Schweregrad lebensgefährlich sein und sind daher ein absoluter Notfall. Die verschiedenen Begrifflichkeiten sollten daher nicht verwechselt werden. Schwerpunkt dieses Artikels ist die chronische bzw. latente Azidose.



Mögliche Ursachen eines gestörten "Säure-Basen-Haushalts" beim Pferd


Pferde Gesundheit und Krankheit

Hauptursächlich für die Entstehung der Azidose sind Mängel im Bewegungs- und Fütterungsmanagement. Das Pferd ist genetisch bedingt ein Lauf- und Herdentier. Reine Boxenhaltung, zu wenig Auslauf und Bewegungmangel sind maßgeblich mitverantwortlich für die Entgleisung des Säure-Basen-Haushalts. ​​So bieten auch viele Offenställe nicht genug Bewegungsanreiz, um den tatsächlichen Bedarf zu decken. Zusätzliche Bewegung und die Forderung von Körper und Geist machen den gesamten Organismus belastbarer. Eine erhöhte Sauerstoffzufuhr, das Anregen von Blut- und Lymphgefäßen fördern den Abtransport von bereits eingelagerten Säuren. Eine weitere Problematik liegt in der Fütterung. Zwar wächst die Anzahl derer, die sich intensiv mit der Ernährungsphysiologie der Vierbeiner auseinandersetzen. Trotzdem scheinen vielen Pferdehaltern die wesentlichen Bedürfnisse der Pferde an die Fütterung nicht ganz klar zu sein. Ein gesundes Pferd braucht weder Leckerlies, Obst, Mash, süße Müslis - zumindest nicht in größeren Mengen. Die Grundlage einer basischen Fütterung ist hochwertiges Raufutter. Qualitativ hochwertiges Heu und Stroh ist gerade bei bereits säurebelasteten Pferden enorm wichtig. Unbedingt zu vermeiden sind Silage und Heulage. Die übermäßige Zufuhr schwer verdaulicher Zucker (Stärke), Eiweiße und in vielen industriell hergestellten Mischfutter enthaltene Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker fördern die Säurebildung zusätzlich. Und auch die Menge spielt eine Rolle. Auch bestes Heu kann im Übermaß dick machen. Dicke Pferde leiden an den Folgen der Stoffwechselentgleisung. Es kommt zu chronischen Entzündungsprozessen, die mittel- und langfristig in direktem Zusammenhang mit einer Übersäuerung stehen. Daher niemals vergessen: Pferde sind ursprünglich sehr genügsame Steppenbewohner, daran hat auch die Domestizierung nichts geändert. Daher gilt oftmals: „Weniger ist mehr“!


Weitere mögliche Ursachen können chronische Darmgärungen, Nierenfunktionsstörungen, längeres Leerstehen (Hungerphasen), Fehlleistungen endokriner Drüsen (Bauchspeicheldrüse), Hochleistungssport (Übersäuerung der Muskulatur, Organschädigungen, hoher Elektrolytverlust), Sauerstoffmangel durch Herz- oder Lungeninsuffizienz, Dämpfigkeit; Durchblutungsstörungen oder ein schlechtes Stallklima und starke magnetische und elektrische Wechselfelder sein.


Folgen der chronischen bzw. latenten Übersäuerung


Da das Krankheitsbild der chronischen Übersäuerung bislang nicht vollständig in der Schulmedizin angekommen ist und es zudem keine wirklich eindeutigen Parameter zur Diagnosestellung gibt, müssen Pferdebesitzer viel deutlicher auf mögliche Symptome achten. Gerade in leichteren Stadien entwickeln betroffene Pferde häufig unklare Beschwerden. Diese können sich der Bildung von Fettpolstern bzw. celluliteähnlichen Bindegewebsveränderungen im Bereich der Schulter, Hals und Kruppe zeigen. Oftmals wird hier fälschlicherweise ein Equines Metabolisches Syndrom (EMS) diagnostiziert. ​​Auch das Equine Cushing Syndrom (ECS) und Hufrehe stehen in engem Zusammenhang mit dem Zustand der chronischen Übersäuerung. Langfristig übersäuerte Pferde entwickeln häufig Leber- und Nierenprobleme. Die eingeschränkte Organfunktion führt zu einer deutlich reduzierten Entgiftungsleistung, Toxine sammeln sich an und können nicht adäquat abgebaut werden. Durch den erhöhten Zinkbedarf der überforderten Leber entsteht oftmals ein chronischer Zinkmangel (hier aufpassen beim vermeintlichen Selenmangel!). Übersäuertes Gewebe führt außerdem zu chronischen Haut- und Fellproblemen (Mauke, Raspe, Ekzem), Haarausfall, einem struppigen und glanzlosen Haarkleid und einer schlechten Hornqualität der Hufe. Weitere Symptome betreffen die Muskulatur. Betroffene Pferde leiden oftmals unter einem deutlich erhöhten Muskeltonus, einer erhöhten Krampfbereitschaft der Muskeln und Blockaden. Auffällig ist, wie häufig übersäuerte Pferde psychische Symptome zeigen. Bei vielen betroffen Tieren sind wiederkehrende „depressive“ Phasen zu beobachten, einige Pferde zeigen sich auffällig extro- oder introvertiert und fühlen sich offensichtlich nicht wirklich wohl.


Eine chronische Übersäuerung führt außerdem zu einer sogenannten Sympathikotonie, d.h. die direkten Effekte auf das vegetative Nervensystem (Sympathikus - Fight and Flight, Parasympathikus - Rest and Digest). Die Verschiebung des Säure-Basen-Gleichgewichts führt hier zu diversen Begleiterscheinungen, wie beispielsweise spastische Engstellung der Blutgefäße, in deren Folge es zu Kreislaufstörungen und Blutdruckabfall kommen kann. In der Folge erhöht sich die Entzündungsbereitschaft, gleichzeitig sinkt die Aktivität des lymphatischen Abwehrsystems. So ist jede Entzündung letztlich eine Reaktion auf eine vorangegangene Azidose.



Das Pferd „entsäuern“ - aber wie?


Die Behandlung übersäuerter Pferde bzw. Pferde mit spezifischen Symptomen richtet sich nach der Ursache. In vielen Fällen sollte das Überdenken der Fütterung im Mittelpunkt stehen, denn um das Thema auf den Punkt zu bringen: das Pferd ist so sauer oder basisch, wie die Futtermittel, die ihm zur Verfügung stehen. Oder anders ausgedrückt: das optimale Säure-Basen-Verhältnis des Futters bestimmt maßgeblich den Säure-Basen-Haushalt des Organismus. In der Praxis bedeutet das, qualitatives Raufutter in ausreichender Menge als Basis zu füttern. Meist ist eine ergänzende Kombination mit einem hochwertigen Mineralfutter ausreichend, um auf lange Sicht einen gesunden Stoffwechsel zu erreichen. Neben der Vermeidung säurebildender Faktoren, kann der Organismus mit basisch reagierenden Spurenelementen und Mineralstoffen (Barynesse "BasisMINERAL") unterstützt werden. Die „Alkalireserve“ des Körpers beinhaltet Mineralien wie Kalium, Natrium, Calcium und Magnesium. Der Organismus verbraucht häufig hohe Mengen dieser Reserven, in dem Versuch, die Säuren zu eliminieren und Protonen aus der Zelle zu transportieren, viele Pferde weisen daher Mängel auf. Die Mineralstoffe sollten daher gerade im akuten Stadium zugefüttert werden.


Zudem empfielt es sich, die "Säuren" im Körper durch ein passendes und hochwertiges Ergänzungsfuttermittel nachhaltig "abzubauen" und "abzutransportieren" (Barynesse "BasenREGULAT"). Hier empfielt sich eine kurweise Anwendung über 6-8 Wochen.


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